ANDREAS SIEMONEIT

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Nautisches Lexikon - Knoten 2

Dies ist die Fortsetzung von Knoten 1.

Webeleinstek

Der Webeleinstek ist der Knoten der Wahl, wenn man eine Leine an einem runden Etwas befestigen und danach noch leicht justieren möchte, z. B. Fender an der Reling und Wäscheleinen am Want (nicht wirklich schiffig, ich weiß). Ideal ist er, wenn er von beiden Seiten gleichmäßig belastet wird, z. B. bei einem laufenden Seil, das um mehrere Stützen geführt wird, oder um eine Pinne mittschiffs zu halten.

Auch der Webeleinstek hat alle guten Eigenschaften eines Seemannsknotens, mit folgenden Einschränkungen: Er wird problematisch,

Zum Stecken des Webeleinstek gibt es nicht viel zu sagen: Der erste Törn kreuzt die feste Part, der zweite Törn wird unter den ersten Törn gesteckt. Sichtkontrolle: Der Webeleinstek ist symmetrisch, sieht also sowohl von der festen als auch der losen Part gleich aus (man drehe das Bild einfach gedanklich auf den Kopf). Im Grunde besteht der Webeleinstek aus nichts anderem als zwei halben Schlägen, die in der gleichen Richtung geschlagen werden.

Webeleinstek

Eineinhalb Rundtörn mit zwei halben Schlägen

Dieser Knoten mit dem langen Namen wirkt auf den ersten Blick etwas unseemännisch, weil er kein so elegantes Bekneifprinzip hat wie der Palstek, sondern etwas hausbacken daherkommt. Aber er hat einige Features, die ihn zu einem der sieben wichtigsten Knoten machen:

Die beiden halben Schläge sind die Stelle, die öfter mal falsch gemacht wird, zumal die falsche Variante irgendwie eleganter aussieht. Aber man kann das leicht vermeiden: Zwei halbe Schläge auf einer Leine sind nichts anderes als ein Webeleinstek. Und deshalb hält der Knoten auch so gut.

1 1/2 Rundtörn mit 2 halben Schlägen

Kreuzknoten

Immer noch wird der Kreuzknoten als Standardknoten für das Verbinden gleichstarker Leinen genannt. Das ist nicht ganz richtig, denn für diesen Fall taugt er nur dann, wenn er nicht zu viel Zug bekommt. Bei hoher Belastung bekneift er sich insbesondere in geschlagenem Tauwerk so stark, daß man für das Öffnen sogar mit einem Marlspieker eine gute Weile benötigen kann, oder aber -- noch schlimmer -- er "kentert" unter der Spannung in zwei umgekehrt-halbe Schläge und slippt durch. Und was dran hing, hängt nicht mehr dran.

Aber z. B. für Reffbändsel im Segel ist er sehr gut geeignet, denn er läßt sich unter Last noch stecken (am besten mit einer dritten Hand zur Hilfe, "leih mir mal Deinen Finger"). Ebenso wie der Webeleinstek ist der Kreuzknoten symmetrisch (man spiegele das Bild, vertausche also links und rechts). Es gibt also eine einfache Sichtkontrolle.

p_kreuzknoten.jpg (9540 Byte) Wie wird der Kreuzknoten gemacht?

Klassisch geschlagen
Kreuzknoten öffnen
Kreuzknoten Marke "Fun" :-)

Stopperstek

Der Stopperstek ist ein sehr verwirrender Knoten, denn es gibt ihn in zwei Varianten, und in allen Büchern wird -- kommentarlos -- entweder die eine oder die andere gezeigt. Vermutlich, weil einer beim anderen abschreibt/abmalt. Auch werden häufig die Einsatzbereiche nicht ausreichend erläutert, der Stopperstek ist nämlich ein wirklich universeller Knoten, auf den ich ungern verzichten würde. Er wird speziell dann verwendet, wenn eine Leine an einem runden Etwas festgemacht werden soll, aber -- anders als beim Webeleinstek -- der Zug nicht senkrecht zu diesem Etwas erfolgt, sondern schräg oder längs dazu. Ansonsten kann man ihn immer bei einseitiger Belastung verwenden, wenn der Webeleinstek (der ja am besten symmetrisch belastet wird) nicht so geeignet ist.

Man verwendet ihn z. B. bei

Der einzige Sinn des Stoppersteks ist es, für mehr Reibung zu sorgen als der ansonsten schon sehr gute Webeleinstek, damit er unter dem Längszug nicht rutscht. Insofern erstaunt es auch nicht, daß der Stopperstek lediglich ein geschickt erweiterter Webeleinstek ist, mit einer (oder mehreren) zusätzlichen Windungen in der Mitte, die für das Mehr an Reibung sorgen. Und ebenso wie der Webeleinstek hält der Stopperstek nur anständig, wenn die Leine ausreichend lehnig ist.

Der Stopperstek ist wirklich ein literarisches Phänomen, denn ich habe auch erst jetzt erfahren (als ich mich mal etwas intensiver mit der Knotenliteratur befaßte), daß es ihn in zwei Varianten gibt, und zwar je nachdem, ob man ihn an einer Leine oder einer Spiere anschlägt. Die Praxis habe ich noch nicht in vollem Umfang getestet, habe aber mit der Leinen-Variante in jedem Fall bisher gute Erfahrungen gemacht.

Stopperstek, an einer Leine angesteckt

Stopperstek, an einer Leine angesteckt
Stopperstek, an einer Spiere angesteckt

Stopperstek, an einer Spiere angesteckt
Wie wird der Stopperstek gemacht?

Stopperstek an einer Leine
Stopperstek an einer Spiere

Achtknoten

Der Achtknoten hat nur eine Funktion an Bord, nämlich das Ende einer Leine so zu verdicken, daß sie nicht durch eine Öse oder ein Auge ausrauschen kann. Dafür ist es sinnvoll, daß er nicht genau am Ende gemacht wird, sondern einen guten halben Meter vom Ende entfernt, damit man im Falle eines Falles auch noch ein Stück Leine hat, an dem man ziehen kann.

Achtknoten

Slipstek

Der Slipstek ist ein halber Schlag auf Slip, und zwar solo (also nicht zu verwechseln mit irgendeinem anderem Knoten auf Slip). Es handelt sich also um eine durch ein Auge gelegte Bucht.
Ich kenne folgende Anwendungsgebiete:
Slipstek

Knoten auf Slip

Wenn man einen Knoten schnell wieder lösen will, kann man ihn "auf Slip" knoten. Das bedeutet, daß man das freie Ende der Leine nicht ganz durchzieht, sondern nur "halb", so daß man mit einem kräftigen Zug den Knoten wieder öffnen kann (wenn er nicht zu fest gezogen wurde). Beliebt ist das vor allem beim Kreuzknoten und beim Webeleinstek, die ja sowieso häufig nur temporären Charakter haben. Es gibt Knoten, die sich nicht sinnvoll auf Slip stecken lassen, z. B. der doppelte Schotstek. Und wenn man beim Kreuzknoten beide Enden auf Slip knotet, dann hat man ... eine Schleife.

Taklinge

Ein Takling ist ein sauberer Abschluß eines Leinenendes, ein probates Mittel gegen "Ausfransen". Taklinge sind heute -- im Zeitalter des verschweißbaren Kunstfasertauwerks -- nicht mehr von der gleichen Bedeutung wie früher, verlängern aber dennoch die Haltbarkeit des Tauwerks und erleichtern die Benutzbarkeit. Denn die verschweißten Enden von Tauwerk lösen sich mit der Zeit auch auf, bei geschlagenem Tauwerk beginnen die Kardeele sich zu trennen, bei geflochtenem trennen sich gerne Hülle und Kern voneinander. Und wenn das erstmal passiert ist, wünscht man sich, man hätte vorher einen Takling gesetzt.

Für einen Takling (engl. whipping) benötigt man spezielles, geflochtenes und gewachstes Takelgarn. Takelgarn gibt es in verschiedenen Stärken, und das Wachs hat den großen Vorteil, daß das Takelgarn sehr gut am Tauwerk haftet. Der Takling zerfällt also nicht gleich, wenn man mal die Arbeit hinlegt.
Ansonsten funktioniert auch jede sehr dünne geflochtene Kunstfaserleine. In Baumärkten o. ä. findet man häufig nur geschlagene Leinen in dieser Dicke, und die tendieren zum Zerfall während der Arbeit am Takling, weil sich die Kardeele trennen. Und das Takelgarn vor dem Takeln mit einem Takling zu sichern, kann nicht wirklich der Weg sein ...

p_taklinge.jpg (11256 Byte) Wie werden Taklinge gemacht?

Einfacher Takling
Segelmacher-Takling