ANDREAS SIEMONEIT

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Nautisches Lexikon - Eselsbrücken

Hier habe ich einige Eselsbrücken gesammelt, die ich aufgeschnappt oder mir selbst gebaut habe -- oder die mir freundliche Leser des NL geschickt haben! Eselsbrücken sind lustige und/oder praktische Merksätze oder -regeln, mit denen man sich Sachen merken kann, die sonst nur schwer zu behalten sind. Oft hat eine Eselsbrücke inhaltlich rein gar nichts mit der Sache zu tun.

Dass die Sachen schwer zu merken sind, hat meist die gleichen Ursachen:

Manchmal tut sich auch über Eselsbrücken eine ganze Systematik auf (z. B. Topplichter, Kardinalzeichen). Bitte gerne noch weitere einschicken!!

Sprachlicher Hinweis: Faustformeln sind keine Eselsbrücken und umgekehrt. Eine Faustformel ist eine vereinfachte Rechen- oder Entscheidungshilfe, sie hat eine quantitative Komponente. Beispiele: "Kettenlänge beim Ankern gleich x-fache Wassertiefe" oder "Im Zweifel ist der Strom stärker als der Wind!".

Lichterführung

Das Große Ganze

Eckehard Rüter machte mich darauf aufmerksam, dass die beiden bisher hier veröffentlichten Verse Teil eines größeren Ganzen sind (vielen herzlichen Dank, Herr Rüter!). Er schreibt: "Autor ist Thomas Gray, ein ehemaliger Sekretär der nautischen Abteilung des britischen Handelsministeriums, der Übersetzer ins Deutsche dürfte unbekannt sein."

Kommt Grün, Weiß, Rot voraus in Sicht,
leg' Steuerbord-Ruder, zeig' rotes Licht!

Wird Rot an Steuerbord gesehen,
so musst Du aus dem Wege gehen!

Erscheint jedoch an Backbord Grün,
brauchst weiter Du dich nicht bemüh'n.

In diesem Fall muss Grün sich klaren
und Dir aus dem Wege fahren.

Grün an Grün und Rot an Rot,
geht alles klar, hat keine Not.

Zur ersten Strophe: Regel 14 KVR ("head-on situation") - beide sollen nach Steuerbord ausweichen und an der Backbordseite des anderen passieren.
Die verballhornte Version lautet
"Kommt Grün, Weiß, Rot voraus in Sicht,
Ruder mittschiffs, Schotten dicht!" ...

Zur zweiten bis vierten Strophe: Regel 15 KVR ("crossing situation") - Ich sehe ein rotes Licht an meiner "grünen" Seite, also bin ich ausweichpflichtig. Andersherum sehe ich als Kurshalter ein grünes Licht an meiner "roten" Seite.

Zur fünften Strophe: In praktisch allen Konstellationen, die man sich mit "Grün an Grün" bzw. "Rot an Rot" ausdenken kann, besteht keine Kollisionsgefahr, da mindestens einer der Beteiligten den Kreuzungspunkt der Kurslinien bereits hinter sich hat.

Topplichter

Maschinenfahrzeuge ab 50 m müssen zwei Topplichter führen
(unter 50 m können sie, zwei Topplichter besagen also nicht prinzipiell etwas über die Länge).
Dabei muß das zweite achterlicher und höher geführt werden als das erste. Warum?

Man hat damit die Topplichter in der Anordnung eines Richtfeuers, das achterliche entspricht dem Oberfeuer, das vorliche dem Unterfeuer. Und dadurch kann man sehr leicht erkennen, in welcher Richtung das Maschinenfahrzeug fährt (bzw. in welcher Position man sich selbst zu ihm befindet). Stehen die beiden Lichter übereinander, bedeutet das höchste Gefahr, denn dann befindet man sich auf der "Richtlinie"!

Lotsenboote

Ohne dem ehrenwerten Berufsstand der Lotsen zu nahe treten zu wollen: Sie müssen für eine ganz klassische Lichterführungs-Eselsbrücke herhalten. Lotsenschiffe, Fischerboote und einige andere führen neben ihren Fahrtlichtern diverse farbige Rundumlichter, damit man weiß, wen man da vor sich hat und wie das mit der Ausweichpflicht ist. Das ist naturgemäß schwer auseinanderzuhalten.

"Weiße Mütze, rote Nase": Ein Lotsenschiff führt ein weißes Rundumlicht über einem roten. Denn die Mütze sitzt immer höher als die Nase.

Andere Variante (mal wieder als Vers ...): "Weiß über Rot - Lotsenboot"
(Eingesendet von Frank Pierdzig, vielen Dank!)

Er trawlt, er trawlt nicht ...

Für die Fischerboote geht man von der Mützen-Eselsbrücke der Lotsen aus: Wenn der Lotse sein weißes Rundumlicht oben hat, hat es der Fischer unten. Aber oben hat der trawlende Fischer ein grünes Rundumlicht, der nicht-trawlende Fischer ein rotes. Wie merkt man sich das?

Das obere Rundumlicht der Fischer "beantwortet" die Frage: Trawlt er? Grün heißt "Ja", Rot heißt "Nein". Wie an der Verkehrsampel.

Oder: "Grün über Weiß, Fischlein beiß"
(Eingesendet von Frank Pierdzig, vielen Dank!)

Segelschiffe

Nun noch die Segelschiffe: Sie dürfen im Masttopp zwei Rundumlichter übereinander führen, rot und grün (meistens machen das nur große Segler, die für solche Spielereien genügend elektrischen Strom erübrigen können). Aber welches ist oben, und welches unten?

Das ist wie bei einer Verkehrsampel: Oben rot, unten grün. Und die Verkehrsampel kennen wir jetzt schon von den trawlenden Fischern ...

Grundsitzer

Ein Grundsitzer ist
a) manövrierunfähig und
b) ortsfest (wie vor Anker).
Und damit hat man sowohl seine Tagzeichen als auch seine Lichterführung:

  Manövrierunfähig   Vor Anker   Grundsitzer
Tagzeichen 2 schwarze Bälle + 1 schwarzer Ball = 3 schwarze Bälle
Lichterführung 2 rote Rundumlichter + 1 weißes Rundumlicht = 2 rote Rundumlichter und 1 weißes Rundumlicht

Backbord und Steuerbord I

Um sich zu merken, welche Seite des Schiffes womit bezeichnet wird,
gibt es anscheinend eine Vielzahl von Eselsbrücken.
Folgende habe ich bisher erhalten:

Backbord und Steuerbord II

Backbord ist rot, und rot ist links ... Stimmt heutzutage auch nicht mehr.
Dennoch gibt es für Backbord und Steuerbord eine schöne Systematik: Backbord ist gerade, Steuerbord ist ungerade. Und in "ungerade" ist ein "U", wie in "Steuerbord".

Ausweichregeln

Es gibt den offiziellen Text von Regel 12 der KVR (Ausweichregeln für Segelfahrzeuge in Sicht),
und es gab schon immer die "klassischen" Eselsbrücken dafür,
aber natürlich auch noch viele weitere Varianten:

a) Wenn sie den Wind von derselben Seite haben, muß das luvwärtige Fahrzeug dem leewärtigen ausweichen.

b)  Wenn sie den Wind nicht von derselben Seite haben, muß das Fahrzeug, das den Wind von Backbord hat, dem anderen ausweichen.

c) Und sogar eine Eselsbrücke für beide Regeln, eingeschickt von Jörg Albin (vielen Dank!):

Kardinalzeichen

Kardinale Seezeichen bezeichnen eine (ausgedehnte) Gefahrenstelle und sind entsprechend rund um diese Gefahrenstelle angeordnet. Beispielsweise steht eine Kardinaltonne West westlich der Gefahrenstelle und bedeutet, daß westlich von der Tonne (genauer: westlich einer Nord-Süd-Linie durch den Standort der Tonne) sicheres Fahrwasser ist.

Bei den Kardinalzeichen ist es ganz genial: Da haben bereits die Entwickler der IALA (International Association of Lighthouse Authorities) die Eselsbrücken in die Systematik miteingebaut! Deshalb stehen sie eigentlich auch in fast jedem Lehrbuch. Hier noch mal kompakt:

Eine weder politisch noch gender-korrekte Eselsbrücke hat mich von Jojakim Balzer erreicht (vielen Dank dafür!), die mit der Form der Toppzeichen spielt und möglicherweise noch aus dem Kalten Krieg stammt:

Richtfeuer

Richtfeuer bestehen aus einem Unterfeuer und einem weiter weg, aber höher stehenden Oberfeuer. Durch diese beiden Punkte wird eine Linie in der Landschaft definiert, die Richtlinie. Richtfeuer werden immer dann als Navigationshilfen eingesetzt, wenn das Fahrwasser eng und kritisch ist, man also nicht viel Spielraum hat, oder wenn es um weite Entfernungen geht (nach einem Richtfeuer läßt sich auch über mehrere Seemeilen zuverlässig steuern).

Was man im Dunklen sieht, sind einfach zwei Lichter übereinander. Vielen fällt es schwer, sich anhand dieser beiden Lichter die Lage der Richtlinie vorzustellen. Bin ich nun rechts oder links der Linie? Wohin muß ich steuern? Die Merkregel lautet hier (für die Fahrt auf das Richtfeuer zu):

"Dem Unterfeuer nach"

Steht z. B. das Unterfeuer rechts vom Oberfeuer, dann bin ich selbst zu weit nach links gekommen und muss nach rechts steuern, um wieder auf die Richtlinie zu kommen.

Diese Regel gilt natürlich für jede beliebige Deckpeilung, also auch für eine Tonne vor dem Hintergrund der Landschaft oder für einen Felsen vor einem anderen Felsen. Die vordere Marke spielt die Rolle des Unterfeuers, die hintere die des Oberfeuers. Wenn meine vordere Marke nach rechts auswandert, dann bin ich selbst zu weit nach links gekommen und muss nach rechts steuern, um wieder zurück auf meine Deckpeilung zu kommen.

Steuern nach Kompaß

Da der Schiffskompaß aus einer beweglichen Rose und einer festen Ablesemarke besteht, ist es manchmal schwierig, spontan zu entscheiden, ob man nun für niedrigere Gradzahlen nach links oder nach rechts steuern muß. Hier gibt es eine ganz knappe englische Merkregel, die unter einer Übersetzung sehr leiden würde:

"Left is less"

West und Ost (und Nord und Süd)

Wo ist West, links oder rechts auf der Karte?
Die Frage "WO?" beantwortet sich selbst:
Das "W" steht links, das "O" rechts.

Eine weitere Variante: "Unsere Segel(flug)schüler lernen die Himmelsrichtungen (im Uhrzeigersinn) über die Anregung: „Nie Ohne Seife Waschen“"
(Eingesendet von Friedhelm Zucker, vielen Dank!)

Vorzeichen von Beschickungen

Bei den Beschickungen für Missweisung und Ablenkung steht immer E für Ost und W für West.
So weit, so gut. Aber Rechnen muß man mit "+" oder "–".
Was ist was?

Kennt Ihr einen deutschen Mobilfunkprovider namens "E Plus" ...? "Aufschwung Ost" geht auch.

Oder über eine Alliteration: West = Weniger (--)
(Eingesendet von Günter Mayerhöfer, vielen Dank!)

Windrichtung

Landwind und Seewind

Die Windrichtung ist immer die Richtung, aus der er kommt, auch bei Landwind und Seewind.

Wind und Strom

Noch'n Gedicht:

Wind - woher er weht,
Strom - wohin er geht.

(Eingesendet von Jochen Kuhn, vielen Dank!)

Windgeschwindigkeit

Der Zusammenhang zwischen Windstärken in Bft und Knoten ist oftmals nützlich, sei es, weil der Windmesser an Bord in Knoten mißt, sei es weil der Wetterbericht die Windgeschwindigkeiten in Knoten (oder gar m/s) angibt. Allerdings ist das wie bei einem unregelmäßigen Verb: Man muß es lernen. Denn eine wirklich gute Formel lautet:

"Wurzel aus Beaufort hoch 3 mal 0,834 plus 0,07 = Mittlere Windgeschwindigkeit in m/s"

Das kann ja kein Schwein rechnen.

Eine gute, einfache Faustormel für den Bereich bis 8 Bft liefert Bernhard Veitl (vielen Dank!):

"( Windstärke in Knoten plus 5 ) geteilt durch 5 = Windstärke in Bft" oder umgedreht "Windstärke in Knoten = ( Windstärke in Bft mal 5 ) minus 5"

Diese Formel ist eine lineare Näherung, deren "Trick" die Verschiebung der Nullinie ist. Dadurch erhält sie zwei Schnittpunkte mit der "echten" Kurve (bei 2 und 7 Bft), so dass die Abweichung über einen relativ weiten Bereich klein bleibt - und dass bei 0 und 1 Bft die Knoten "ca. 0 sind", weiß man natürlich:

Ich habe noch zwei andere Eselsbrücken: Eine mit wenig Zahlen plus Rechnen und eine schnelle mit vielen Zahlen, ohne Rechnen. Damit erhält man für eine Windstärke in Bft die mittlere Windgeschwindigkeit in Knoten (mittel deshalb, weil eine Bft-Windstärke immer ein ganzes Knoten-Intervall abdeckt).

  1. Mit Rechnen: Man merkt sich die vier Faktoren 3, 4, 5, 6 für die vier "Dreier"-Windstärken 3, 6, 9, 12 Bft. Damit hat man vier "Eckdaten", den Rest muß man bei Bedarf interpolieren.
    3 mal 3 Bft = 9 kn
    4 mal 6 Bft = 24 kn
    5 mal 9 Bft = 45 kn
    6 mal 12 Bft = 72 kn
    Diese vier Zahlen stimmen sehr gut.
  2. Ohne Rechnen: Man merkt sich alle mittleren Knotenwerte für alle Windstärken von 1-12 Bft (oder auch nur von 1-9 Bft). Wer gut im Zahlen-Merken ist, wird das können:
    2, 5, 9, 13, 18, 24, 30, 37, 44, 51, 60, 70

Übrigens: Der Weg von Meter/Sekunde zu Knoten und umgekehrt ist wieder einfach. 1 m/s 2 kn. Das liegt daran, daß die Umrechnungsfaktoren "Sekunden zu Stunde" (3600) und "Meter zu Seemeilen" (1852) sich ziemlich genau wie 2:1 verhalten. Und daß man beim Umrechnen von Meter/Sekunde in Knoten größere Zahlen erhalten muß (also mal zwei und nicht durch zwei), merke ich mir damit, daß Seemeilen größer als Meter sind :-)

Falscher und richtiger Kurs

Vom falschen zum richtigen Kurs mit dem richtigen Vorzeichen,
vom richtigen zum falschen Kurs mit dem falschen Vorzeichen!"

 

Hierzu gibt es im Nautischen Lexikon im Bereich Navigation bereits einen kleinen Exkurs.

Britische Strömungspfeile

Wer Strömungsdreiecke zeichnet (die meisten machen das eh nur noch in der Prüfung und nicht mehr auf See), erleidet oft Schiffbruch dabei, die verschiedenen Pfeile auseinanderzuhalten. In Großbritannien haben sie eine landesweit verbreitete, feste Symbolik dafür, die ich sehr praktisch finde, selbst verwende und hier vorstellen will.

Die Pfeilspitzen zeigen natürlich in Kurs-/Strömungsrichtung. Die Rechenregel für diese Vektoren ist leider nicht arithmetisch korrekt:

"1 Pfeil plus 3 Pfeile = 2 Pfeile", also als Vektorgleichung: "KdW + RdS = KüG"

Stromdreieck nach britischer Art

Unsere Yacht steht bei 1 und würde auf der KdW-Linie nach 2 segeln, wenn nicht der Strom sie in seiner Richtung RdS nach 3 versetzen würde, wo sie nach ihrem Weg über die KüG-Linie dann tatsächlich herauskommt.

Knoten

Knoten gibt es einige, und manch einem fällt es schwer, sich die Verwendung oder den Weg dorthin zu merken.
Für den Weg gibt es eigentlich nur eins: Üben, üben, üben.
Für die Verwendung gibt es auch Eselsbrücken:

Motorenkunde

Motoren sollten auf Fahrtenyachten nur eine Nebenrolle spielen, aber genau deshalb ist man mit dem ganzen Prozedere oft nicht vertraut. Das Wort, mit dem man sich merken kann, worauf man vorm, beim und nach dem Start alles zu achten hat, lautet "WOLKE".

W

asser

Gemeint ist natürlich das Kühlwasser
O el Ölstand, Öldruck-Kontrolleuchte
L uft Jeder Motor braucht Sauerstoff für die Verbrennung. Daher muss der Luftfilter frei sein. Außerdem soll man bei Benzinern vor dem Start den Motorraum lüften.
K raftstoff Eine elementare Voraussetzung ...
E lektrizität Starterbatterien müssen geladen sein. Nach dem Start muß die Ladekontrolleuchte erlöschen.

(Von einem Törnteilnehmer, vielen Dank!)