Nautisches Lexikon - Knoten 1
ach
und nach tauchen immer mehr Praxisthemen im Nautischen Lexikon auf, weil ich
feststelle, daß bestimmte interessante und wichtige Aspekte in der praktischen
Ausbildung doch öfter mal unter den Tisch fallen, die beim Lernen und beim
Erinnern sehr hilfreich sind. So ist das auch bei Knoten. |
Ein guter Seemannsknoten hat folgende Eigenschaften:
- Er läßt sich schnell stecken.
- Er hält verläßlich.
- Er läßt sich leicht wieder öffnen.
Während die ersten beiden Eigenschaften auch von einigen Haushaltsknoten
erfüllt werden (man verwende z. B. nur genügend viele halbe Schläge), versagen
diese Haushaltsknoten in der Regel bei der dritten Eigenschaft.
Nach Ansicht vieler erfahrener Segler braucht man nur eine Handvoll Knoten,
um sicher um die Welt zu kommen. Zwar gibt es noch den einen oder anderen
hilfreichen mehr, aber mit der folgenden Auswahl kann man 99 % aller
auftretenden Situationen meistern, und deshalb sollte man diese sicher,
schnell und ohne Nachdenken stecken und öffnen können. Dafür hilft nur
Üben, Üben, Üben, aber man sollte auch verstanden haben, warum die Knoten
halten. Diese wichtigsten Knoten sind:
- Palstek
- Schotstek
- Webeleinstek
- Eineinhalb Rundtörn mit zwei halben Schlägen
- Kreuzknoten
- Stopperstek
- Achtknoten
- Slipstek
Ich bin übrigens (obwohl sonst eher Traditionalist) kein großer Anhänger der
beliebten Begriffsverwirrung mit Tampen, Leinen und Enden. Ich arbeite mit
Leinen, und die haben zwei Enden. Wem das
nicht passt, der kann ja weiterblättern. Wichtig und einsichtig finde ich aber
die Begriffe lose Part und feste Part, also
die zugängliche und die nicht zugängliche "Seite" einer Leine, bezogen auf einen
Punkt auf der Leine (z. B. den Knoten), an dem man gerade arbeitet. Ein
Reffbändsel hat somit zwei lose Parten, das Ende eines Festmachers in der Regel
nur eine.
Die Knüpfanleitungen sind wegen der vielen Bilder in eigene
Detail-Seiten ausgelagert. Ich habe sie nur für die Knoten erstellt, wo ich
dachte, noch etwas Interessantes sagen zu können.
Folgende Werkzeuge sind für das Arbeiten mit Tauwerk und das Knoten-Üben
hilfreich:
-
Tauwerk verschiedener
Dicken, geflochten und geschlagen. Für Knotenübungen mind. 1,50 m lang, sonst
quält man sich etwas.
- Takelmesser. Es gibt schöne Klappversionen mit Klinge, Marlspieker und
Schäkelöffner. Bei der Klinge auf Wellenschliff achten, dann schneidet sie
viel besser.
- Holzklötzchen (Reste) als "Schneidbrett".
- Takelgarn. Dazu mehr bei Taklingen.
- Feuerzeug oder -- noch besser -- eine kleine Lötlampe. Kann man beides
nicht ergattern, hilft auch der Gasherd. In jedem Falle macht man
Verschweißübungen besser unter Deck (Windschutz), auch wenn
es stinkt.
- Schere, Papier und Klebeband für den Schneidetipp (s. u.).
|
-
Knoten setzen die Bruchfestigkeit
von Seilen deutlich herab! Colin Jarman ("Knots in Use",
Adlard Coles Verlag) nennt folgende Werte:
- Palstek (und damit auch Schotstek) um 30 %
- Achtknoten um 28 %
- Kreuzknoten um 50 %
Für permanente hohe Belastungen sind Spleiße besser als Knoten.
- UV-Strahlung möglichst vermeiden. Viele Kunststoffe sind dagegen
empfindlich.
- Schneidetipp: Wenn man Kunstfaser-Tauwerk schneiden möchte, dann macht
man das am besten mit einer Lötpistole (mit direkt beheiztem Draht) oder
ersatzweise mit einem glühenden Messer. Hat man beides nicht zur Hand: Einen
Streifen Papier fest um die Trennstelle wickeln und mit Klebeband festkleben. Mit einem
scharfen (!) Messer das Seil durch das Papier hindurch trennen. Mit einem
Feuerzeug die Fasern vorsichtig verschmelzen. Das Papier verhindert nicht nur
das sofortige Ausfransen der Schnittstelle, sondern auch das "thermische
Auffächern" beim Verschmelzen. Es verbrennt teilweise, verklebt aber nicht mit
dem Seil.
er
Palstek ist der wichtigste Knoten an Bord!"
So hört man es immer wieder,
und es stimmt.
- Das Befestigen einer Leine an einem Punkt ist die eine Standardsituation
an Bord.
- Der Palstek läßt sich extrem schnell stecken. Er hat ein
unübertroffenes Verhältnis zwischen Sicherheit und Schnelligkeit. Routiniers
machen einen Palstek in eine Leine, ohne daß man nennenswerte Handbewegungen
wahrnimmt.
- Der Palstek hält absolut verläßlich, weil er sich gut bekneift
(Voraussetzung ist allerdings, daß die lose Part nicht zu knapp gefaßt wird,
sondern lang genug aus dem Knoten "heraushängt").
- Der Palstek läßt sich immer leicht wieder öffnen, denn er bekneift sich
gut, ohne sich festzuziehen, und das machen nicht alle Knoten so (siehe
Kreuzknoten oder Webeleinstek).
- Es ist für die Haltbarkeit des Palsteks völlig egal, ob
die lose Part innerhalb oder außerhalb des
Palstek-Auges zu liegen kommt. Trotzdem kann die eine oder andere Form
sinnvoller sein:
Wenn man z. B. mit dem Palstek eine Schot am Schothorn anschlägt, ist es
sinnvoll, den Palstek kompakt zu halten und die lose Part innerhalb des Auges
zu legen, dann sinkt die Wahrscheinlichkeit des Hängenbleibens an Stagen und
Wanten.
Wenn man einen Palstek in einem steifen Festmacher macht und diesen über einen
Poller hängt, sollte man die lose Part außerhalb des Auges halten, damit sie
nicht bei Entlastung möglicherweise vom Poller aus ihrem Auge gedrückt wird
(alles schon passiert ...).
- Ein Nachteil des Palsteks ist, daß er nicht unter Last gesteckt und
geöffnet werden kann.
- Alle Eselsbrücken wie "Die Schlange ringelt sich um den Baum und taucht in
den Teich etc." sind strikt zu vermeiden, weil sie am Kern des Problems
vorbeigehen: Wer nicht in der Lage ist, einen Palstek sicher, schnell
und ohne Nachdenken zu stecken, sollte im Hafen bleiben. Und dort
solange üben, bis er/sie es kann.
Es gibt beim Herstellen eines Palsteks mehrere Wege, die zum Ziel führen.
Welchen man wählt, hängt von den Umständen ab, unter denen man knoten muß, und
das muß jeder selbst entscheiden. Entscheidend sind Sicherheit und
Schnelligkeit, deshalb sollte man sich nicht auf eine Methode
festlegen, sondern verstehen, wie der Knoten funktioniert. Die
hier dargestellten Varianten unterscheiden sich lediglich in der Art und Weise,
wie man zu dem charakteristischen "Auge mit Auge" kommt. Der Rest läuft immer
gleich.
enn
der Palstek der wichtigste Knoten an Bord ist,
so ist der Schotstek meiner Ansicht nach der zweitwichtigste,
und zwar aus ähnlichen Gründen:
- Das Verbinden zweier Leinen ist die andere Standardsituation an Bord.
- Der Schotstek läßt sich extrem schnell stecken.
- Der Schotstek hält absolut verläßlich, weil er sich gut bekneift,
jedenfalls solange die Leine belastet ist (Voraussetzung ist allerdings auch
hier, daß die losen Parten nicht zu knapp gefaßt werden, sondern lang genug
aus dem Knoten "heraushängen"). Der Schotstek wird
problematisch bei wechselnder Be- und Entlastung, weil er sich
aufarbeiten kann.
- Der Schotstek läßt sich immer leicht wieder öffnen, denn er bekneift sich
gut, ohne sich festzuziehen, und das machen nicht alle Knoten so (siehe
Kreuzknoten oder Webeleinstek). Allerdings muß er vor Gebrauch gut angezogen
werden, er darf keine Lose haben.
- Der Schotstek ist universell, er verbindet
ungleich starke Enden genauso sicher wie gleich starke,
und letzteres viel besser als der Kreuzknoten. Wer einmal einen Kreuzknoten
aufpulen mußte, der richtig Zug bekommen hat, wird dies bestätigen.
- Man kann mit einem Schotstek eine andere (dickere oder dünnere) Leine an
ein bereits vorhandenes Auge anstecken (z. B. an einen Augspleiß).
- Ich nehme zum Verbinden zweier Enden immer den doppelten Schotstek,
wenn viel Zug im Spiel ist, weil der doppelte Schotstek
besser hält, das Material schont und vor allem leichter zu öffnen ist. Der
doppelte Schotstek ist auch der Knoten der Wahl in glattem, slippigem
Tauwerk.
Da Palstek und Schotstek ja eigentlich das Gleiche sind (siehe
unten), verwendet man mit Gewinn für den Schotstek
ähnliche Methoden wie für den Palstek.
ei
Betrachtung der nachfolgenden Fotos sieht man diese -- etwas pointierte --
Behauptung schnell ein. Zumindest liegt Palstek und Schotstek das gleiche
Knüpfprinzip zugrunde, und aus diesem Grund haben Palstek und Schotstek auch
ähnliche Eigenschaften (und können ähnlich hergestellt werden). Der einzige
Unterschied besteht in der Belastung der entsprechenden Enden bzw. darin, daß
beim Palstek zwei der Enden zu einem Auge geschlossen sind (und dadurch drei
Parten von vieren belastet werden, während es beim Schotstek nur zwei sind).
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Palstek von "oben" |
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Palstek von "unten" |
Schotstek von "oben" |
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Schotstek von "unten" |
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