Nautisches Lexikon
Details 5: Deklination der Sonne und des Mondes
Zu guter Letzt verlassen wir die Äquator-Ebene, in der sich bis jetzt alles bewegte,
und berücksichtigen, daß die Erde eine Neigung von 23,5° und der Mond eine Neigung von
5° 9' gegen die Ekliptik besitzt. Das zusammengenommen beschert dem Mond einen
maximalen "deklinatorischen Aktionsradius" von 2 · (23,5° + 5°) = 57°!
Ihr Maximum von 28,5° kann die Monddeklination erreichen, wenn die Mondellipse
mit ihrer längeren Halbachse parallel zur Richtung der geneigten Erdachse liegt,
also Neigung der Erdachse und Neigung der Mondbahn sich sozusagen "verstärken".

Modellsituation
- Der Mond läuft nicht in der Äquatorebene um die Erde herum, sondern in einer dazu
geneigten Ebene. Die Neigung der Erdachse gegen die Ekliptik und die Neigung
der Mondbahn gegen die Ekliptik sind betragsmäßig konstant, allerdings rotiert
die elliptische Mondbahn unabhängig von der Erdbahn im Raum, so daß
Erd- und Mondbahn im Laufe eines Zeitraums von etwa 18,6 Jahren alle möglichen
Stellungen zueinander einnehmen.
Die momentane Deklination (die "Breite" des Mondes am Himmelsäquator) ist von
der Erdrotation unabhängig und ergibt sich aus
- der Lage der Knotenlinie der Mondbahn und
- dem momentanen Stand des Mondumlaufs um die Erde.
- Sonnenkräfte lassen wir außer acht, sie bewirken aufgrund der Sonnendeklination die
gleichen Effekte wie der Mond, nur schwächer. Funktioniert nach dem gleichen Schema,
führt zur Abschwächung oder Verstärkung der Mondeffekte, je nach konkreter
Konstellation. Hier ein Beispiel-Bild, wo sich die Wirkungen der Deklinationen von Sonne
und Mond gerade aufheben:

Ergebnisse
- Das HW-Maximum der Wasserhülle steht nicht mehr senkrecht zur Drehachse der Erde.
- Der Pegel T durchläuft ein höheres (H) und ein niedrigeres HW (G),
sowie zwei gleich niedrige NW. Steigdauer und Falldauer sind unterschiedlich (da der
NW-Ring leicht "gekippt" ist).

- Dieser Unterschied in Steig- und Falldauer kann extreme Werte annehmen (HW-Intervalle
zwischen 8 und 16 h!) oder in das Extrem einer eintägigen Gezeit münden (dann liegen
allerdings zusätzliche dynamische Ursachen vor).
Eintägige Gezeit sieht dann z. B. so aus: Der Niedrigwasser-Ring wird vom Pegel T
überhaupt nicht mehr durchlaufen, es liegen nur noch zwei unterschiedlich hohe HW vor,
die dann aussehen, als seien sie ein HW und ein NW.

- Die Stärke dieses Phänomens hängt nicht vom Vorzeichen der Deklination (Nord oder
Süd), sondern nur vom absoluten Betrag ab. Damit beträgt die Periodizität einen halben
Mondumlauf.
- In der Realität ist das Erscheinungsbild über längere Zeiträume ungleichmäßig, da
sich mehrere Komponenten mit leicht unterschiedlichen Periodendauern überlagern
(Schwebungen).
